Google Glass – eine Erfolgsgeschichte mit Hindernissen
Die Datenbrille Google Glass kann auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Nach dem Verkaufsstopp im Jahr 2015 blieb es lange ruhig um das ambitionierte Projekt. Im Juli 2017 kehrte sie jedoch in abgewandelter Form als Enterprise Edition für Industrie und Business auf den Markt zurück.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Google Glass?
Die Brille ist ein leistungsfähiger tragbarer Miniaturcomputer, der an einem Brillengestell befestigt wird und über verschiedene Schnittstellen drahtlos mit anderen Geräten oder mit dem Internet kommunizieren kann. Über ein Prisma werden Bilder oder Daten ins Sichtfeld des Benutzers eingeblendet. Darüber hinaus verfügt Google Glass über eine integrierte Kamera, ein Audiosystem und verschiedene Optionen zur Bedienung und Steuerung (Touchpad, Augensteuerung, Sprachsteuerung, laserprojizierte Tastatur). Bei der ersten Vorstellung des Produkts im Jahr 2012 schien es so, als würde das ehrgeizige Projekt eine völlig neue Dimension mobiler Computernutzung erschließen. Zu einer tatsächlichen Markteinführung kam es jedoch nicht: Lediglich einige Tausend Geräte wurden zu Testzwecken an Kunden ausgeliefert; im Januar 2015 kam es zum Verkaufsstopp.
Wie ist sie ausgestattet?
Der akkubetriebene, sehr leichte Computer ist in einem schmalen Rahmen am Gestell untergebracht und verfügt über Bluetooth– und WLAN-Anbindung. Über integrierte Kopfhörer und ein Mikrofon können auch Audiodaten empfangen und gesendet werden; Fotos und Videos werden durch das ebenfalls integrierte Kamerasystem aufgenommen. Ein Prisma blendet Daten – Texte oder Bilder – ins Sichtfeld des Benutzers ein, ohne es nennenswert einzuschränken; bei der Bedienung über Sprachsteuerung, Kopfbewegungen oder Augenbewegungen bleiben beide Hände frei.
Was kann die Google Glass?
Das ursprüngliche Konzept hinter der Google Glass wird als Augmented Reality (etwa: erweiterte Realität) bezeichnet. Über Dateneinblendungen sollten Nutzer zum Beispiel Informationen über ihre Umgebung, über nahe gelegene Sehenswürdigkeiten oder Verkehrseinrichtungen, Einkaufsmöglichkeiten oder Restaurants erhalten können. Auch Benachrichtigungen über E-Mails oder Termine, Nachrichten, geografische Daten oder Wetterinformationen sollten über die Google Glass abrufbar sein. Die integrierte Kamera sollte ursprünglich mit Gesichtserkennungssoftware ausgestattet sein und eine Echtzeitübertragung von Bildern ins Internet ermöglichen. Diese Eigenschaften lösten scharfe Kritik von Datenschützern aus, die hierdurch erhebliche Verletzungen der Privatsphäre und vielfältige Missbrauchsmöglichkeiten befürchteten. In der zweijährigen Weiterentwicklungsphase wurde das Konzept grundlegend überarbeitet und auf die Bedürfnisse von Unternehmen und Industrie zugeschnitten.
Was unterscheidet die neue Google Glass vom ursprünglichen Modell?
Die Google Glass Enterprise Edition soll vor allem für schnelle unternehmensinterne Datenbereitstellung und Kommunikation sorgen. So können Beschäftigte Informationen vom Unternehmensserver abrufen, mit Kollegen kommunizieren oder per Videoübertragung in Echtzeit Bilder von Produktionsstätten, Außenstellen, Maschinen oder Reparaturarbeiten liefern. Dies hilft, Zeit zu sparen und die Produktivität zu erhöhen. In einem Pilotprojekt konnte Alphabet, der Google Mutterkonzern, mehrere große Unternehmen von den Vorzügen der neuen Google Glass Enterprise Edition überzeugen: Der US-amerikanische Landmaschinenhersteller Agco, das deutsche Logistikunternehmen DHL, Volkswagen, Boeing und General Electric zählen inzwischen zu den Abnehmern der überarbeiteten Variante, deren zugehörige Software jeweils ganz auf die Bedürfnisse des Unternehmens zugeschnitten sein soll.
Warum wurde sie eingestellt?
Das ursprüngliche Konzept der Google Glass stieß bei Verbrauchern und Datenschützern gleichermaßen auf starke Befürchtungen: Die integrierte Kamera mit Internetanbindung, so die Kritiker, berge das Risiko, dass Menschen ohne ihr Wissen oder ihre Zustimmung gefilmt oder fotografiert werden und die Aufnahmen ins Internet gelangen. Die Brille stieß deshalb in der Öffentlichkeit vielfach auf Ablehnung; vereinzelt wurden Träger der Google Glasses sogar angegriffen oder beschimpft. Die Kontroversen führten dazu, dass Google das ehrgeizige Projekt 2015 zurückzog und der damals amtierende Finanzvorstand des Unternehmens, Patrick Pichette, es als Flop bezeichnete.
Wie sieht die Zukunft für sie aus?
Eine Weiterentwicklung zum Produkt für Privatpersonen hat Alphabet nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Derzeit liegt der Schwerpunkt jedoch eindeutig auf firmeninternem Einsatz, sodass die Google Glass Enterprise Edition für Privatkunden weder attraktiv noch erschwinglich erscheint. Der spanische Alphabet-Kooperationspartner Streye bietet die Google Glass für derzeit etwa 1.500 Euro an; zusammen mit einem geeigneten Softwarepaket summieren sich die Kosten auf etwa 2.500 Euro. Über weitere Vertriebspartner wie Picavi und Ubimax werden derzeit ausschließlich Unternehmenskunden angesprochen. Dass das jedoch auch das Aus für eine markttaugliche Variante für private Endkunden bedeutet, wäre möglicherweise ein vorschneller Trugschluss.
Google Glass im Überblick
- Google Glass ist ein tragbarer Minicomputer, der an einem Brillengestell befestigt ist und drahtlos mit anderen Geräten oder dem Internet kommunizieren kann.
- Google Glass blendet Daten in das Sichtfeld des Benutzers ein und gestattet so, eine Vielzahl von benötigten Informationen via Internetanbindung abzurufen.
- Google Glass ist mit Kamera und Mikrofon ausgestattet und lässt sich über verschiedene Optionen steuern, zum Beispiel Spracherkennung oder Augenbewegungen.
- Das ursprüngliche Konzept von Google Glass erwies sich als nicht markttauglich und wurde 2015 gestoppt.
- In einer zweijährigen Überarbeitungsphase wurde Google Glass weiterentwickelt und auf den Bedarf von Unternehmen und Industrie zugeschnitten.
- Das neue Google Glass wird unter der Bezeichnung Enterprise Edition seit Juli 2017 an Unternehmenskunden vertrieben.
- Obwohl derzeit ausschließlich Firmenkunden mit der Google Glass Enterprise Edition beliefert werden, hat der Ersteller eine Entwicklung für private Nutzer bisher nicht ausdrücklich ausgeschlossen.