Die Auswirkungen von Myasthenie auf das Auge
Bei der Myasthenie ist die Impulsübertragung von Nerven auf Muskeln gestört. Sie kann alle Muskelgruppen des Menschen betreffen, macht sich jedoch häufig zuerst bei der Gesichtsmuskulatur bemerkbar. Aus diesem Grund betrifft eine Myasthenie auch das Auge und seine Funktionen. Lesen Sie hier mehr über das Krankheitsbild und die Behandlungsmöglichkeiten.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Myasthenie?
Myasthenie ist eine allgemeine Bezeichnung für Muskelschwäche, die als Symptom verschiedener Erkrankungen auftreten kann. Häufig ist die Ursache die Myasthenia gravis, eine Autoimmunerkrankung, bei der die neuromuskuläre Übertragung gestört ist. Normalerweise wandert ein elektrischer Impuls durch den Nerv zum Nervenende, wo der Überträgerstoff Acetylcholin (ACh) ausgeschüttet wird. Dieser Stoff überwindet den Spalt zwischen Nerv und Muskel und verbindet sich mit den ACh-Rezeptoren des Muskels, wodurch die Kontraktion ausgelöst wird.
Bei einer Myasthenie-Erkrankung ist diese Reizübertragung zwischen Nerv und Muskel gestört. Im Körper werden Antikörper gebildet, die die ACh-Rezeptoren blockieren, sodass der Nervenimpuls nicht mehr auf den Muskel übertragen wird. Die Folgen können von eingeschränkter Beweglichkeit der Muskulatur bis hin zu Lähmungserscheinungen reichen. Bei knapp der Hälfte aller Betroffenen macht sich die Myasthenie zuerst am Auge bemerkbar. In diesem Fall spricht man von der okulären Myasthenie. Insgesamt handelt es sich bei der Myastenia gravis mit 100 bis 200 auftretenden Erkrankungen auf eine Million Menschen um eine verhältnismäßig seltene Krankheit.
Welche Symptome zeigt die Myasthenie am Auge?
Tritt die Myasthenie am Auge auf, sind vor allem die Augenlider und Augenmuskeln betroffen. Es kommt zu einer Reihe unspezifischer Symptome, die für sich gesehen als Symptome anderer Augenkrankheiten gedeutet werden können. Dazu gehören:
- herabhängende oder zufallende Augenlider (sogenannter Schlafzimmerblick)
- Wahrnehmung von Doppelbildern
- Lider können nicht richtig geschlossen werden
Der erste Weg der Betroffenen führt deshalb meist zum Augenarzt, der die neurologische Ursache unter Umständen erst spät oder überhaupt nicht erkennt. Ein entscheidender Hinweis ist allerdings, dass die Symptome nicht gleichbleibend stark auftreten. Sie hängen direkt von der Belastung der betroffenen Muskelgruppen ab, deshalb nehmen die Beschwerden im Laufe des Tages spürbar zu. Außerdem können sie sich infolge von äußeren Einflüssen wie Stress, psychischen Problemen, aber auch Infekten deutlich verschlimmern.
Ein weiterer Hinweis ist, wenn sich die Symptome auf andere Muskelgruppen ausweiten. Ist die okuläre Myasthenie nur das erste Stadium der Erkrankung, sind in der Folge häufig die Muskeln betroffen, die für Mimik, das Sprechen und Schlucken zuständig sind. Im weiteren Verlauf kann die Krankheit alle Muskelgruppen im Körper betreffen. Eine Ausnahme stellen lediglich die Muskeln innerer Organe und der Herzmuskel dar, da die Reizübertragung bei dieser sogenannten glatten Muskulatur auf andere Art und Weise erfolgt.
Die Ursachen der Myasthenie
Die Ursachen der Myasthenie sind bis heute nicht hinreichend erforscht. Es ist bekannt, dass der Körper die Reizübertragung vom Nervenende zum Muskel dann nicht vollziehen kann. Das ist der Fall, weil Antikörper die entsprechenden Rezeptoren blockieren. Somit handelt es sich bei der Myasthenia gravis um eine Autoimmunerkrankung. Warum die ACh-Rezeptoren-Antikörper produziert werden, ist jedoch nicht eindeutig geklärt. Ein Zusammenhang mit dem Thymus ist allerdings wahrscheinlich. Der Thymus ist ein Organ, das wesentlich für den Aufbau des Immunsystems (u. a. auch für die Bildung von Antikörpern) zuständig ist. Untersuchungen haben gezeigt, dass weit über die Hälfte alle Myasthenie-Patienten Auffälligkeiten am Thymus zeigen.
Oft tritt eine Myasthenie zuerst am Auge auf und breitet sich dann über weitere Gesichtsmuskeln auf Muskelgruppen des ganzen Körpers aus. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Augenmuskeln aufgrund ihrer geringen Größe sehr anfällig für diese Störung sind, während größere Muskelgruppen den fortschreitenden Ausfall einiger Rezeptoren bis zu einem gewissen Punkt ausgleichen können.
Behandlungsmöglichkeiten bei okulärer Myasthenie
Die Myasthenia gravis ist nicht heilbar und auch der Krankheitsverlauf kann nicht beeinflusst werden. Die Behandlung ist deshalb ausschließlich darauf ausgerichtet, die Symptome zu lindern. Je nachdem, in welchem Stadium der Krankheit sich der Patient befindet, kommen verschiedene Therapiemöglichkeiten infrage:
- Medikamente: Die Behandlung kann mit Medikamenten erfolgen, die den ACh-Abbau hemmen und damit die neuromuskuläre Impulsübertragung verbessern. Eine andere Möglichkeit ist die immunsuppressive Behandlung, bei der die Wirkung der Antikörper vermindert wird.
- Thymektomie: Wird die Krankheit bereits im frühen Kindesalter entdeckt, ist die operative Entfernung des Thymus ein Erfolg versprechender Eingriff. Ist ein Thymom (Tumor am Thymus) für die Myasthenie verantwortlich, kann dessen Entfernung die Symptome lindern.
Betrifft die Myasthenie nur das Auge, sind die Erfolgsaussichten einer medikamentösen Therapie sehr gut, sodass keine invasiven Maßnahmen ergriffen werden müssen.
Die Myasthenie am Auge auf einen Blick
- Die Myasthenie ist eine Muskelschwächeerkrankung, bei der die Impulsübertragung von Nerven auf Muskeln gestört ist.
- Die Ursache liegt in einer Autoimmunreaktion, bei der die Rezeptoren für den Neurotransmitter ACh mit Antikörpern belegt sind.
- Eine Myasthenie macht sich am Auge durch hängende Lider und das Sehen von Doppelbildern bemerkbar.
- Die Krankheit ist nicht heilbar, aber die Symptome lassen sich mit Medikamenten behandeln. Bei schweren Fällen wird eine Operation am Thymus notwendig.
Quellen
Fachartikel: Was ist Myasthenia gravis?, Deutsche Myasthenie Gesellschaft e.V.
Thymome und Myasthenia gravis, Klinik für Thoraxchirurgie, Universitätsklinikum Freiburg
Bild-Quelle: https://pixabay.com/de/photos/asiatischer-mann-portr%c3%a4t-junger-mann-1468032/