Die Hornbrille – Ein Evergreen der Brillenmode
Ursprünglich bezeichnete man aus dem Horn von Rindern und Hirschen gefertigte Brillen als Hornbrillen. Heute kann eine Hornbrille auch aus anderen Materialien bestehen. Als namensgebend gilt nicht mehr das Fertigungsmaterial, sondern die Form: ein massiver Rahmen. Die Hornbrille hat eine wechselvolle Trendgeschichte. Wir erklären, was sie auszeichnet und wer ein solches Modell tragen kann.
Inhaltsverzeichnis
Das modische Auf und Ab der Hornbrille
Erstmals gewann die Hornbrille in den 1920er-Jahren an Popularität. Juristen, Ärzte, Professoren – die intellektuelle Elite trug Horn, denn die Brille strahlte Intelligenz und Seriosität aus. Der amerikanische Komiker Harald Lloyd machte das markante Gestell mit seinem sogenannten Glasses Character einem größeren Publikum bekannt. Mit der Brille sollte die Figur als Durchschnittstyp gekennzeichnet werden. Ein Charakteristikum, das der Hornbrille lange anhaftete, wenn man bedenkt, dass selbst Supermans unauffälliges Alter Ego Clark Kent bereits in den Comics der 1930er-Jahre eine solche Hornbrille trug.
Die zweite Hochphase der Hornbrille folgte in den 1950er- und 1960er-Jahren. Damals waren es vor allem international bekannte Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft wie Henry Kissinger oder der SPD-Politiker Hans-Jürgen Wischnewski, die diesen Stil prägten. Mit ein Grund, weshalb die Hornbrille mit Eigenschaften wie Seriosität und Kompetenz assoziiert wurde. Aber auch Prominente aus der Unterhaltungsbranche wie etwa Buddy Holly prägten das Image dieser Brille und trugen dazu bei, dass das Hornbrillen-Gestell in den 60er-Jahren vor allem für den amerikanischen Mann ein absolutes Must-have war.
Als vermehrt dezentere Brillengestelle aus Metall und Kunststoff in Mode kamen, sank die Hornbrille in der Gunst der Brillenträger. Ein so wuchtiges Gestell wurde nur noch für dicke Brillengläser mit hohen Dioptrien-Werten gebraucht. Dementsprechend wurden Hornbrillenträger schnell als Bücherwürmer, Streber oder Fachidioten abgestempelt, was der Hornbrille den Beinamen Nerd-Brille einbrachte. Wer kennt sie nicht, die gehänselten, bemitleidenswerten Nerds aus den Filmen jener Zeit, denen regelmäßig die Hornbrille zerbrochen wurde. Doch alles hat seine Zeit: Heute sind der Nerd und sein herausstechendes Accessoire so angesagt, dass selbst Menschen mit gutem Sehvermögen eine Hornbrille ohne Stärke tragen, nur um hip zu sein.
Eine trendige Hornbrille ohne Stärke? – Wem sie wirklich steht
Ob Johnny Depp oder Woody Allen – berühmte Hornbrillenträger machen es vor. Seit Beginn des neuen Jahrtausends wird die Brille mit dem übergroßen Gestell immer populärer. War sie zunächst ein herausstechendes Charakteristikum von Kreativen und Hipstern, ist sie in den letzten Jahren im Mainstream angekommen und so beliebt, dass die Hornbrille vermehrt auch ohne Stärke als modisches Accessoire getragen wird. Was früher Grund für Hohn und Spott war, ist nun also ein begehrtes It-Piece? So verrückt ist die Modewelt. Doch kann wirklich jeder eine Hornbrille tragen?
Grundsätzlich steht eine Hornbrille jedem: ob jung, ob alt, ob Künstler, Student oder Handwerker. Wie für jede andere Brille gilt jedoch auch für die Hornbrille: Sie sollte zum Gesicht des Brillenträgers passen. Denn was nützt schließlich ein trendiges Accessoire, wenn es unvorteilhaft sitzt? Selbst bei einer Hornbrille ohne Stärke ist es also wichtig, die folgende Frage zu beantworten: Welche Brille passt zu mir? Klassische Hornbrillen sind in der Regel eckig und passen daher am besten zu einer runden Gesichtsform. Die markanten Konturen erzeugen einen vorteilhaften Kontrast und strecken die Gesichtsform optisch. Umgekehrt gilt, dass ein runder Rahmen einem eher eckigen Gesicht gut steht, weil er eine weichere Wangen- und Kinnkontur erzeugt. Auch zum Verlauf der Augenbrauen sollte die Brille passen. Beliebte Hornbrillenformen wie die Wayfarer oder die Panto haben übrigens den Vorteil, dass sie nicht ganz rund, aber auch nicht ganz eckig sind. Dadurch passen sie gut sowohl zu runden als auch zu kantigen, herzförmigen und länglichen Gesichtern.
Ist die Frage nach der richtigen Brillenform beantwortet, stellt sich die nächste, nicht minder wichtige Frage nach dem Material der Hornbrille: natürliches Horn oder Kunststoff? Schließlich ist das Horn für die Brille namensgebend.
Natürliches Horn für die Brille
Ein Großteil der heute als Hornbrillen bezeichneten Modelle besteht im Unterschied zu den ursprünglichen meist nicht aus natürlichem Horn, sondern aus pflegeleichterem Acetat oder anderen Kunststoffen in Hornoptik. Der Trend zur vermehrten Nutzung von Naturmaterialien wirkt sich jedoch auch auf die aktuelle Brillenmode aus. So haben sich einige Manufakturen auf die Fertigung von Brillen aus Horn, Holz, Leder oder sogar Stein spezialisiert.
Das zur Fertigung von Hornbrillen verwendete Naturhorn stammt hauptsächlich von asiatischen und afrikanischen Büffeln, die nicht dem Washingtoner Artenschutzabkommen unterliegen. Die Tiere werden nicht eigens für die Hornproduktion gezüchtet. Das Horn ist vielmehr ein Nebenprodukt der Nutztierhaltung. Nur ein kleiner Teil der Hörner des Wasserbüffels eignet sich zur Fertigung einer Hornbrille: Die Hornteile müssen einen harmonischen Farbverlauf aufweisen und frei von Rissen und Einschlüssen sein. Daher sind Hornbrillen teurer als solche aus Materialien, die Naturhorn lediglich optisch ähneln. Zudem wird das Naturmaterial vergleichsweise aufwendig von Hand bearbeitet. Theoretisch könnte auch anderes Horn für die Brillenherstellung verwendet werden. Büffelhorn hat sich jedoch nicht nur durch seine Verfügbarkeit bewährt, sondern auch durch seine Festigkeit bei gleichzeitiger Elastizität.
Die Optik ist wie bei allen Naturmaterialien auch bei Horn sehr unterschiedlich. Das Farbspektrum reicht von Weiß- und Cremetönen bis zu dunklen Braunnuancen. Auch die Maserung jedes Horns ist ganz individuell. Je nach Bearbeitungsverfahren erhält die Oberfläche der Hornbrille ein anderes Aussehen. Sie schimmert seidenmatt oder wird auf Hochglanz poliert.
Vor- und Nachteile einer Hornbrille aus Naturhorn
Das Naturmaterial Horn bietet Brillenträgern sowohl Vor- als auch Nachteile. Diese gilt es vor dem Kauf einer Echthornbrille unter Berücksichtigung individueller Vorstellungen und Ansprüche gegeneinander abzuwägen.
Vorteile von Horn
- Die Brille ist leicht und trotzdem robust und stabil.
- Das nickelfreie Naturmaterial ist hautverträglich und eignet sich auch für Allergiker.
- Jede Brille besitzt als Einzelstück eine einmalige Optik.
- Handarbeit ermöglicht eine individuelle Anpassung bis zum perfekten Sitz und hohen Tragekomfort.
- Wird die Hornbrille richtig gepflegt, überzeugt sie durch lange Tragedauer.
Nachteile von Horn
- Hornbrillen sind teurer als vergleichbare Modelle aus Acetat oder anderen Kunststoffen.
- Brillen aus Horn sind empfindlicher gegenüber starker Hitze und Feuchtigkeit.
- Die Pflege einer Hornbrille ist aufwendiger.
- Bei unzureichender Pflege trocknet das Material aus.
Die richtige Pflege einer Hornbrille
Horn ist von Natur aus wetterbeständig. Reinigung und Pflege sind jedoch anspruchsvoller als bei normalen Brillengestellen. So sollte eine Hornbrille beispielsweise nicht mit Reinigungsmitteln behandelt werden, die Lösungsmittel enthalten. Auch das zur professionellen Reinigung von Brillen verwendete Ultraschallbad ist für das Material ungeeignet. Um Schmutz zu entfernen, reicht es, die Brille mit klarem Wasser abzuspülen. Trocknet das Horn aus, steigt die Bruchgefahr. Deshalb empfiehlt es sich, die Hornbrille regelmäßig mit einer fetthaltigen Pflegecreme zu behandeln. Kostengünstig sind etwa Vaseline oder Melkfett. Zudem sollte die Brille keiner unmittelbaren Sonnenstrahlung ausgesetzt werden.
Jedes Stück ein Unikat – wie aus Horn eine Brille entsteht
Bis zu sieben Stunden dauert es, aus Büffelhorn eine Brillenfassung herauszuarbeiten. Dafür wird im Vorfeld die Spitze des Horns in Faserrichtung gespalten und unter starker Hitze gepresst. Aus diesem Rohmaterial, das in Form von 3 bis 5 Zentimeter dicken Platten geliefert wird, wird dann mithilfe einer CNC-Maschine eine Rohfassung der Brillenfront angefertigt. Der Rest ist Handarbeit: der Brillenmacher fräst, schleift und feilt, wärmt und biegt die Fassung in die richtige Form. Er fertigt die Bügel in der passenden Länge an, bringt die Scharniere an und poliert jede einzelne Hornbrille zum Schluss noch einmal von Hand.
Schon in ihrer Rohfassung zeichnet sich die Hornbrille durch eine einzigartige Maserung und ein individuelles Farbspiel aus. Dadurch, dass jede Brille von Hand gefertigt wird, kann sie darüber hinaus ganz persönlich auf den Brillenträger abgestimmt werden. Eckig, oval, Panto, Vollrand oder Halbbrille – Brillenform, Farbe und Struktur können bei der Bestellung frei gewählt werden. Horn als Basis für die Brille macht eine Vielfalt an einzigartigen Brillenmodellen möglich. Doch so viel Liebe zum Detail hat natürlich ihren Preis. Gerade bei einer Hornbrille ohne Stärke, die als Modeaccessoire getragen wird, lohnt sich eine Brille aus Naturhorn kaum. Hier bietet die Hornbrille aus Kunststoff mehr Vorteile.
Hornbrille aus Naturhorn oder in Hornoptik?
Die Optik von Naturhorn lässt sich besonders gut mit Acetat nachahmen. Acetat ist ein sogenannter Biokunststoff, der aus Cellulosefasern und Essigsäurehydrid hergestellt wird. Die verwendeten Fasern werden aus Baumwolle oder Holz gewonnen. In erhitztem Zustand lässt sich die zunächst farblose Acetatmasse leicht formen und beliebig einfärben. Die für die Hornbrille typischen Musterungen entstehen durch die Kombination mehrerer Farben.
Brillen aus Acetat lassen sich in großen Mengen maschinell fertigen. Aus diesem Grund sind sie günstiger als vergleichbare Modelle aus Naturhorn. Zudem ist die Pflege weniger aufwendig. Wenn Sie Wert auf einen niedrigen Preis und eine unkomplizierte Nutzung legen, sind Sie mit einer Brille in Hornoptik gut beraten. Eine Hornbrille aus Naturhorn hingegen ist ein Unikat, das von Hand gefertigt wird und hohen Tragekomfort bietet. Da es sich optisch kaum von einem Modell aus Acetat unterscheidet, ist eher der Anspruch des Trägers von Bedeutung.
Hornbrillen passend zum individuellen Styling
Unabhängig davon, ob aus Kunststoff in Hornoptik oder aus echtem Horn, diese Brille ist in jedem Fall ein modisches Statement. Längst hat sie ihr Image als Kennzeichen braver Durchschnittlichkeit oder unsympathischen Strebertums abgeschüttelt und als extravagantes Modeaccessoire Kultstatus erlangt. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass Menschen mit ausgezeichnetem Sehvermögen sich die einst als ,,Gesichtsfahrrad“ verpönte Hornbrille sogar ohne Stärke auf die Nase setzen?!
Extravagant ist die Hornbrille, weil sie sich mit ihrem massiven Gestell nicht versteckt, sondern auffällt. Jemand, der heutzutage eine Hornbrille trägt, sagt damit aus: „Seht her, ich trage eine Brille, und das ist cool so.“ Noch vor gar nicht allzu langer Zeit wurde dieses Statement überwiegend von sogenannten Hipstern vor sich hergetragen, bei denen die Hornbrille ein Bestandteil ihres Retro-Looks war. Mittlerweile ist die Hornbrille im Mainstream angekommen und fügt sich überraschend leicht in so ziemlich jedes Styling ein – sie passt zum seriösen Business-Look genauso wie zum lässigen Studenten-Style oder zum extravaganten Party-Outfit. Selbst zum Abendkleid findet sich die passende Hornbrille, was zahlreiche prominente Frauen regelmäßig auf dem roten Teppich unter Beweis stellen. Ob in klassischem Schwarz oder in Braun, mit ein paar einfachen Styling-Tipps kommt die Hornbrille bei jedem Outfit optimal zur Geltung:
- Auf Kontraste setzen: Kontraste spielen mit Erwartungshaltungen und lockern auf. Kombiniert mit einem leichten Blümchen-Kleid verliert die klassische Hornbrille ihre Strenge, während ein strenges Business-Outfit, ein Anzug oder ein elegantes Kleid durch eine ausgefallene Nerd-Brille optisch aufgelockert werden.
- Harmonischer Farben- und Mustermix: Es ist nichts dagegen einzuwenden, Farbe zu bekennen, solange die Farben zueinander passen. Hornbrillen mit einer auffälligen Maserung oder Farbe gehen am besten zusammen mit einer unifarbenen Garderobe, um die Gesamterscheinung harmonisch zu halten.
- Schmuck und Make-up: Frauen, die eine auffällige Hornbrille tragen, stehen zusätzlich vor der Schwierigkeit, diese mit ihrem Schmuck und Make-up zu vereinbaren. Hier gilt die Devise: „Weniger ist mehr“. Zu große Ohrringe beispielweise wirken in Verbindung mit einer massiven Hornbrille schnell überladen. Beim Schminken der Augen kommt es darauf an: Kurzsichtige sollten ihre Augen mit hellen Tönen „größer“ schminken, weil die Brille das Auge optisch verkleinert. Für Weitsichtige, bei denen die Augen durch die Brille größer wirken, empfehlen sich matte Töne wie Grau, Braun oder Grün sowie ein klassischer Eyeliner in Schwarz. Da eine Hornbrille an sich schon auffällt, sind beim Augen-Make-up generell gedeckte Farben angebracht. Ein farblicher Akzent kann dafür auf den Lippen gesetzt werden.
- Für jeden Fall gerüstet: Wer die Hornbrille, ob mit oder ohne Stärke, als modisches Accessoire versteht, der gibt sich nicht nur mit einem Modell zufrieden. Empfehlenswert als Basic ist eine klassische Hornbrille in Schwarz, die zu jedem Anlass passt. Zusätzliche Hornbrillen können dann experimentierfreudiger gewählt werden.
Die richtige Hornbrille – Welche Marke soll es sein?
Cool wie mit Ray-Ban und Calvin Klein oder luxuriös wie mit Prada und Yves Saint Laurent? Beinahe jede namhafte Brillenmarke bringt ihre eigene Hornbrille heraus. Wer sich eine solche zulegen will, hat also die Qual der Wahl. Welche Brille die richtige ist, hängt genau wie bei der Wahl des Materials vom eigenen Anspruch und natürlich vom persönlichen Geschmack ab. So mag es zum Beispiel nicht jeder gern, wenn das Label zu groß auf dem Brillengestell prangt. Wer dennoch auf Markenbewusstsein setzt, ist mit einem Label gut beraten, das sein Logo unaufdringlich platziert. Der amerikanische Designer Tom Ford, der zu den Vorreitern im Brillenbereich gehört, macht sich beispielweise nur mit einem subtilen ,,T“ auf dem Scharnier selbst kenntlich. So wissen nur die Kenner, dass es sich bei der Hornbrille um ein begehrtes Qualitätsprodukt handelt.