Was ist der Gelbe Fleck des Auges?
Er ist winzig klein, und dennoch werden rund 80 Prozent der Sehrinde im Gehirn ausschließlich von ihm beschäftigt: Der Gelbe Fleck, fachsprachlich auch Macula lutea, ist die Stelle der Netzhaut, die die größte Dichte an fotorezeptiven Zellen aufweist. Fokussieren wir etwas, wird es genau dort abgebildet. Während Sie also diesen Artikel über den Aufbau, die Funktion und mögliche Erkrankungen des Gelben Flecks lesen, sorgt eben dieser dafür, dass Sie die einzelnen Buchstaben scharf sehen und gut entziffern können.
Inhaltsverzeichnis
Die Macula lutea – das Herzstück der Retina
Der Gelbe Fleck befindet sich im hinteren, zentralen Bereich der Netzhaut (Retina), dem Teil des Auges, der das einfallende Licht in Nervenreize umwandelt und die Signale somit für die Weiterleitung präpariert. Der Durchmesser dieses Flecks beträgt bei Erwachsenen nur etwa drei bis fünf Millimeter. Seine namensgebende schwachgelbe Färbung kommt durch die eingelagerten Farbpigmente Lutein und Zeaxanthin zustande, ist aber bei lebenden Menschen kaum sichtbar. Auf der gesamten Retina erreichen die Zapfen, also die farbempfindlichen Zellen, nirgends eine derart hohe Dichte wie auf diesem winzigen Punkt.
Die Fovea centralis: Der Fleck im Gelben Fleck
Die Sehachse des Auges verläuft durch den Gelben Fleck: Das heißt, um etwas genau zu fixieren, drehen wir den Kopf so, dass das auf die Netzhaut treffende Abbild des Objekts nicht auf eine beliebige Stelle, sondern genau auf den Bereich der Macula lutea fällt. In der Mitte des Gelben Flecks, auf einer Fläche von etwa 1,5 Millimetern, steigt die Dichte der fotorezeptiven Zellen nochmals an – dieser Bereich wird Fovea centralis oder auch Sehgrube genannt. Die Bezeichnung Sehgrube ist treffend, denn in diesem Bereich sinkt die Netzhaut trichterförmig ein. Hier sehen wir dank 140.000 Zapfenzellen pro Quadratmillimeter mit Abstand am schärfsten. Beim Menschen unterscheidet man drei verschiedene Zapfentypen: Die K-Zapfen (für kurze Wellenlängen) decken den blauen Bereich der sichtbaren Farben ab, während die M-Zapfen als Grünrezeptoren das gesammelte Spektrum, das zwischen blauem und orangem Licht liegt, übernehmen. Die sogenannten L-Zapfen sind die Rotrezeptoren und fangen dementsprechend den roten Bereich des Lichtsektrums ein.
In der Fovea centralis sind vor allem die M- und L-Zapfen für den roten und den grünen Farbbereich zahlreich vertreten. Die sogenannte Foveola innerhalb der Sehgrube besteht auf 0,35 Millimetern Durchmesser sogar ausschließlich aus freiliegenden Rot- und Grünzapfen. Lichtempfindliche Stäbchenzellen sind in der gesamten Fovea centralis dagegen nicht vorhanden, weshalb der Mensch bei schlechten Lichtverhältnissen weniger scharf sieht und auch Farben schlecht erkennen kann.
Der Gelbe Fleck: Ort des schärfsten Sehens
Keine Frage – der Mensch könnte auch ohne den Gelben Fleck sehen, zumindest in der Theorie. Allerdings wäre alles, was ein genaueres Fokussieren erfordert, nur schwer realisierbar: ein Buch zu lesen etwa, Straßenschilder zu erkennen oder die Mimik des Gegenübers zu deuten. Scharfes Sehen ist für unser Alltagsleben unverzichtbar, und genau dafür sorgt die Macula lutea der Netzhaut. Was auf ihren Bereich fällt, können wir ganz genau erkennen. Dieser Bereich ist zwar klein – wir können zum Beispiel nur wenige Buchstaben zeitgleich fokussieren – er ermöglicht aber bei optimalen Lichtverhältnissen eine extrem gute räumliche Auflösung. Funktional ist das dadurch zu erklären, dass in der Sehgrube genau ein Zapfen seinen Impuls an genau eine Ganglienzelle weitergibt, die den Reiz über die verschiedenen Netzhautschichten an den Sehnerv leitet. Auf diese Weise vermeidet man einen Übertragungsverlust. Zum anderen wird das Signal aus der Fovea centralis nicht durch zwischengelagerte retinale Strukturen abgeschwächt, da an diesem Punkt der Retina tatsächlich ausschließlich lichtempfindliche Zellen zu finden sind.
Vielen kommt es so vor, als wären unsere Augen komplett regungslos, während wir einen bestimmten Punkt fixieren. Tatsächlich aber vollführen sie permanent kleinste Bewegungen, sogenannte Sakkaden. Diese haben den Zweck, beim Fokussieren einer bestimmten Sache die Umgebung nicht aus den Augen zu verlieren. Dennoch sind die Augenbewegungen derart minimal, dass das Objekt, auf dem unser Blick ruht, permanent auf den Bereich des Gelben Flecks fällt. Im Gegensatz zu bestimmten Tieren bietet unsere frontale Augenstellung zwar Vorteile bezüglich des räumlichen Sehens, doch eine seitliche Anordnung ermöglicht es den Tieren, mit einem Rundumblick mögliche Fressfeinde schneller zu erkennen.
Makuladegeneration – eine Frage des Alters?
Erkrankungen der Macula lutea haben schwerwiegende Folgen für das Sehvermögen des Patienten, da das zentrale Gesichtsfeld betroffen ist. Die häufigste Krankheit, die den Gelben Fleck betrifft, ist die altersbedingte Makuladegeneration, kurz AMD genannt: 2,5 Millionen Europäer sind bereits daran erkrankt. Dabei baut sich in hohem Alter das unterstützende Gewebe der Netzhaut nach und nach ab, worunter zunächst vor allem die Aderhaut und das Pigmentepithel (Choroidea) leiden. Es entsteht eine Unterversorgung der Photorezeptoren, die in der Folge schrittweise absterben. Genetische Disposition begünstigt eine Erkrankung an AMD ebenso wie bestimmte Risikofaktoren, zum Beispiel Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes oder starke Kurzsichtigkeit.
Betroffene bemerken meist unscharfe Konturen und schwache Kontraste im zentralen Blickfeld und klagen über eine erhöhte Blendungsempfindlichkeit. In fortgeschrittenem Stadium breitet sich ein grauer oder schwarzer Punkt in der Mitte des Blickfelds aus, der in einer vollständigen Erblindung enden kann. Eine rein erblich bedingte Form dieser Erkrankung ist die juvenile Makuladegeneration, auch Morbus Best genannt. Sie tritt meist in den ersten 20 Lebensjahren auf und ist nicht behandelbar. Durch gesunde Ernährung, eine Sonnenbrille mit hohem UV-Schutz sowie eine vergrößernde Sehhilfe können die Symptome jedoch zumindest gelindert werden.
Eine relativ seltene Erkrankung, bei der der Gelbe Fleck in Mitleidenschaft gezogen wird, ist die sogenannte Retinopathia centralis serosa. Eine undichte Stelle in der Bruch-Membran hat zur Folge, dass Flüssigkeit aus der Aderhaut unter die Netzhaut gelangt und diese abhebt. Die Krankheitszeichen sind hier ähnlich den Symptomen der Makuladegeneration. Besonders häufig sind Männer zwischen 20 und 50 Jahren betroffen, als Auslöser gilt oft psychischer und physischer Stress. Der Augenarzt behandelt diese Erkrankung in der Regel mit Medikamenten oder einer Laser-Therapie. So weit muss es allerdings nicht kommen: Durch richtige Ernährung lässt sich vorbeugend viel für eine gesunde Netzhaut tun. Experten empfehlen die ausreichende Versorgung vor allem mit bestimmten Augenvitaminen wie beispielsweise Beta-Carotin oder Lutein, das auch den Gelben Fleck gegen schädliche Umwelteinflüsse stärkt.
Quellen
Andreas Berke: Biologie des Auges. Mainz: WVAO, 1999 (2. Auflage).
Photodynamische Therapie: Verteporfin stabilisiert das Sehvermögen, Ärzteblatt.de
Zwei Gene erklären drei von vier AMD-Erkrankungen, Ärzteblatt.de
2,5 Millionen Europäer leiden an altersabhängiger Makula-Degeneration, Ärzteblatt.de
Ein grauer Schatten verstellt jeden klaren Blick, Ärztezeitung.de
Bild-Quelle: https://pixabay.com/de/photos/auge-iris-suchen-fokus-gr%c3%bcnes-auge-1132531/