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Retinopathia praematurorum (Frühgeborenen-Retinopathie)

Die Retinopathia praematurorum (RPM) ist eine Netzhauterkrankung bei Frühgeborenen, die in ihrer schweren Form bis zur Erblindung führen kann. Regelmäßige Screenings und eine verbesserte Früherkennung erleichtern jedoch heute die erfolgreiche Behandlung. Hier erfahren Sie alles zu Symptomen, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten der Augenkrankheit.

Inhaltsverzeichnis

Was versteht man unter Retinopathia praematurorum?

Die Retinopathia praematurorum (RPM) ist eine Erkrankung der Netzhaut (Retina), die bei Frühgeborenen auftritt, die ein bestimmtes Entwicklungsstadium noch nicht erreicht haben. Deshalb wird sie auch Frühgeborenen-Retinopathie genannt. Die Kombination von unvollständiger Entwicklung und äußeren Umständen nach der Frühgeburt begünstigt die Entstehung der Augenkrankheit. Dabei spielt vor allem die künstliche Beatmung eine Rolle. Sie bewirkt, dass die Netzhaut der Neugeborenen mit einem wesentlich höheren Sauerstoffgehalt versorgt wird, als es in diesem Entwicklungsstadium normalerweise der Fall wäre. Auf diese Weise kommt es zu einer Störung bei der Ausreifung der Netzhautgefäße, die die RPM verursacht.

Es gibt mehrere Risikofaktoren für eine Retinopathia praematurorum: eine Frühgeburt, besonders, wenn sie vor der 36. Schwangerschaftswoche erfolgt, sowie ein Körpergewicht von weniger als 2.000g (insbesondere weniger als 1.250g) und die Therapie mittels künstlicher Sauerstoffzufuhr.

Nicht alle Krankheitsfälle sind behandlungsbedürftig, doch ist ein sorgfältiges Screening erforderlich, um akute Fälle ausfindig zu machen und schnellstmöglich zu therapieren. Unbehandelt kann die Retinopathia praematurorum in schweren Fällen zu einer Netzhautablösung und damit sogar zur vollständigen Erblindung führen. Damit ist die Krankheit die häufigste Ursache für Erblindungen im frühen Kindesalter.

Was sind die Symptome einer Frühgeborenen-Retinopathie?

Bei einer Erkrankung kommt es zu Blutungen im Auge und Sehstörungen. Diese Symptome der Retinopathie können Frühgeborene natürlich nicht mitteilen. Deshalb sind regelmäßige Augenuntersuchungen bei gefährdeten Neugeborenen wichtig, um die krankhaften Veränderungen der Netzhaut so früh wie möglich festzustellen. Zu diesem Zweck wird der Augenhintergrund im Zuge einer Ophthalmoskopie genau überprüft. Bei der Untersuchung werden die Netzhaut, der Sehnerv, der Gelbe Fleck sowie sämtliche Gefäße stark vergrößert betrachtet und auf Veränderungen untersucht. Werden solche festgestellt, lässt sich die Krankheit auf Grundlage der Befunde in 5 Stadien einteilen:

  • Stadium 1 – Demarkationslinie: Zwischen den Bereichen der Netzhaut mit einer guten Gefäßversorgung und denen, in denen die Gefäßbildung verhindert wurde, ist eine helle, weiße Linie sichtbar.
  • Stadium 2 – Prominente Leiste.: Die Linie ist erhaben und zu einer Leiste verdickt, von der abnorme Gefäßverzweigungen wegführen.
  • Stadium 3 – Prominente Leiste mit extraretinalen Proliferationen: Die Leiste bildet sich stärker aus und die neu gebildeten Gefäße wuchern in den Glaskörper. Es kommt zu Trübungen und Blutungen.
  • Stadium 4 – Partielle Amotio retinae: Die Randbereiche der Netzhaut sind bereits teilweise abgelöst. Die Makula kann in diesem Stadium noch intakt (Stadium 4a) oder von der Ablösung betroffen (Stadium 4b) sein.
  • Stadium 5 – Totale Amotio retinae: Die Netzhaut ist total und trichterförmig abgelöst. Es kann zur Membranbildung hinter der Augenlinse kommen (retrolentale Verschwartung).

Die Ursachen der Retinopathia praematurorum

Die Netzhaut des Menschen entwickelt sich sehr spät, in einem fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft. Erst dann bilden sich die weitverzweigten Gefäße, durch die sie mit sauerstoffreichem Blut versorgt wird. Im Regelfall ist dieser Prozess erst kurz vor dem errechneten Geburtstermin (etwa in der 40. Schwangerschaftswoche) vollendet. Kommt ein Kind zu früh auf die Welt, ist das Gefäßnetz noch nicht ausreichend ausgebildet. Problematisch ist dann der Anteil des Sauerstoffs im Blut. Nach der Geburt ist dieser deutlich höher als beim Fötus und verhindert zunächst die natürliche Gefäßreifung. Auf diese Hemmung reagiert das Auge nach einigen Wochen mit einer unkontrollierten Neubildung von Gefäßen. Diese können dann in den Glaskörper hineinwachsen und Blutungen verursachen. Eine weitere Gefahr ist die Bildung von Membranen und Strängen aus Bindegewebe. Durch ihre Zugwirkung können sie eine Ablösung der Netzhaut verursachen und somit zur Erblindung führen.

Schon der Übergang von der Sauerstoffversorgung über die Gebärmutter hin zur Atmung der Raumluft verursacht eine leichte Hyperoxie. Darunter versteht man eine Sauerstoffüberversorgung, die sich in diesem Fall negativ auf die Gefäßbildung der Netzhaut auswirkt. Muss das Frühgeborene zusätzlich künstlich mit Sauerstoff versorgt werden, verstärkt sich der negative Effekt um ein Vielfaches.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Die Behandlung einer Retinopathia praematurorum richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung. Vor allem in den frühen Stadien ist noch eine Spontanheilung möglich. Allerdings sollte der Verlauf in dieser Zeit von spezialisierten Augenärzten streng überwacht werden. Von einer Heilung ist erst auszugehen, wenn die Gefäßreifung und damit die Bildung der Netzhaut vollständig abgeschlossen sind.

Ist die Veränderung von Gefäßen und Gewebe bereits fortgeschritten, erfolgt eine Therapie mittels Laserbehandlung oder Vereisung. Diese Verfahren veröden den Teil der Netzhaut, bei dem die Gefäßbildung gehemmt wurde. Auf diese Weise wird das später einsetzende übermäßige Gefäßwachstum verhindert. Hier muss auch nach der Behandlung regelmäßig überprüft werden, ob die Therapie erfolgreich war.

Im fortgeschrittenen Stadium der Frühgeborenen-Retinopathie, wenn Teile der Netzhaut bereits abgelöst sind, ist eine Operation möglich. Bei einer sogenannten Vitrektomie werden die beschädigten Teile des Glaskörpers entfernt. Durch eine Infusion wird der Druck im Inneren aufrechterhalten, sodass die Sehkraft anschließend wiederhergestellt ist. Allerdings kann sich die Netzhaut aufgrund von Komplikationen oder Narbenbildung erneut ablösen, weshalb eine strenge Nachsorge erforderlich ist.

Die Retinopathia praematurorum auf einen Blick

  • Die Frühgeborenen-Retinopathie ist eine Netzhauterkrankung, bei der das Gefäßwachstum zunächst gehemmt ist und dann unkontrolliert ausbricht.
  • Die Krankheit wird durch die erhöhte Sauerstoffkonzentration nach der Geburt begünstigt.
  • Symptome wie Gefäßwucherungen, Blutungen und beginnende Netzhautablösung sind nur im Rahmen einer augenärztlichen Untersuchung erkennbar.
  • Die Behandlungsmethoden umfassen je nach Diagnose Beobachtung, Laserbehandlung, Vereisung oder Operation.
  • Im Verlauf der Krankheit sind engmaschige Kontrollen durch einen erfahrenen Augenarzt notwendig.

Quellen

Frühgeborenenretinopathie aus „Der Ophthalmologe“, Zeitschrift der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft
Leitlinie zur augenärztlichen Screening-Untersuchung von Frühgeborenen aus „Der Ophthalmologe“, Zeitschrift der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft
Die Identifikation unabhängiger Risikofaktoren für die Retinopathia praematurorum bei extrem untergewichtigen Frühgeborenen, Dissertation, Klinik für Neonatologie der Charité Berlin

Bild-Quelle: https://unsplash.com/de/fotos/B7-_bkpgcD4

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