Nachtblindheit (Hemeralopie)
Kennen Sie das verunsichernde Gefühl, im Dämmerlicht nichts erkennen zu können? Ihnen ist Autofahren bei Nacht unmöglich? Dann ist es denkbar, dass Sie an Nachtblindheit leiden: Hier erfahren Sie Wissenswertes zu Symptomen, Ursachen und Therapieansätzen.
Inhaltsverzeichnis
Grundlegendes zum Thema Nachtblindheit
Die Nachtblindheit, auch Hemeralopie genannt, bezeichnet die Einschränkung der Sehfähigkeit bei Dämmerlicht und Dunkelheit. Bei nachtblinden Menschen sind die im Auge befindlichen Stäbchen entweder defekt oder sie fehlen, was die Anpassungsreaktion der Netzhaut (Retina) an die Dunkelheit beeinflusst. Kennzeichnend für Nachtblindheit ist, dass die Sehkraft bei Helligkeit keineswegs einschränkt.
Nachtblindheit: Diese Symptome gehören zum Beschwerdebild
Eine Hemeralopie ist für die Betroffenen sehr unangenehm, denn die Symptome beeinträchtigen den Alltag und die selbstständige Orientierung erheblich. Zu den Beschwerden bei Dunkelheit oder Dämmerlicht gehören:
- Orientierungslosigkeit
- Unfähigkeit, Gegenstände oder Personen zu erkennen
- Unsicherheit bei Bewegungsabläufen aller Art
- Unfähigkeit zum Autofahren in Dämmerung oder Dunkelheit
Leiden Sie teilweise oder vollständig unter den genannten Symptomen? Dann suchen Sie bitte einen Augenarzt auf, der Sie auf Nachtblindheit hin untersucht. Eine Hemeralopie-Diagnose erfolgt meistens mithilfe eines Adaptometers nach Goldmann-Weekers: Zunächst blickt der Patient in ein hell erleuchtetes Feld, anschließend wird das Licht ausgeschaltet – während dieses Prozesses wird die Helligkeitswahrnehmung in kurzen zeitlichen Abständen gemessen.
Ursachenforschung: Warum sind manche Menschen nachtblind?
In der Netzhaut des Menschen befinden sich Sinneszellen – die sogenannten Stäbchen und Zapfen. Die rund 7 Millionen Zapfen dienen zum Scharf-, Tages- und Farbsehen, während die circa 120 Millionen Stäbchen für das Nacht- und Dämmerungssehen verantwortlich sind. Diese beiden Sinneszellen spielen im Normalfall zusammen, sodass sich das Auge den Lichtverhältnissen anpassen kann. Lässt nun die Funktion der Stäbchen nach oder fällt sie ganz aus, sind das Tages- und Farbsehen sowie das scharfe Sehen unbeeinträchtigt. Das Nacht- und Dämmerungssehen ist hingegen stark eingeschränkt beziehungsweise unmöglich. Da die Anpassungsreaktion der Netzhaut an die Dunkelheit nicht funktioniert, ist dem Auge keine Dunkeladaption mehr möglich.
Die Nachtblindheit ist entweder angeboren – sie wird vererbt – oder im Laufe des Lebens erworben. Zu den Hauptursachen einer erworbenen Hemeralopie gehören Erkrankungen des Netzhautrandes. Folgende Erkrankungen können Nachtblindheit hervorrufen:
- Retinitis pigmentosa
- Vitamin-A-Mangel
- Grüner Star
- Hochgradige Kurzsichtigkeit (Myopie)
- Chorioretinitis
- Diabetes
Gibt es eine Therapie gegen Nachtblindheit?
Eine spezielle Nachtblindheit-Behandlung gibt es noch nicht – ist die Hemeralopie allerdings erworben und nicht angeboren, lässt sich durch eine Behandlung der Grunderkrankung die Intensität der Nachtblindheit eventuell verringern. In der Gentherapie gibt es inzwischen einen vielversprechenden Behandlungsansatz: Betroffenen werden Kapseln mit gentechnisch veränderten Zellen ins Auge eingesetzt. Diese Zellen stellen das Eiweiß CNTF her, das den Zelluntergang in der Netzhaut verhindert.
Erwiesen ist, dass die Fähigkeit des Auges, sich an die jeweiligen Lichtverhältnisse anzupassen, von den Kalziumströmen im Körper abhängt: Bei nachtblinden Menschen scheint die Steuerung dieser Ströme gestört zu sein, was letztlich zur Folge hat, dass die Dunkeladaption unterbleibt. Auf Basis dieser Erkenntnis arbeiten Wissenschaftler daran, den Kalziumstrom durch ein Medikament zu ermöglichen – noch ist das Präparat allerdings nicht erhältlich.
Die wichtigsten Fakten zur Hemeralopie
- Bei der Nachtblindheit handelt es sich um eine Einschränkung der Sehfähigkeit bei Dämmerlicht und Dunkelheit – das Tagessehen bleibt unbeeinflusst.
- Zu den Symptomen gehören vor allem Unsicherheit und Orientierungslosigkeit im Dunkeln.
- Bei Nachtblindheit sind die in der Netzhaut enthaltenden Stäbchen defekt oder fehlen, was die Anpassungsreaktion der Netzhaut an die Dunkelheit einschränkt oder verhindert. Auch Krankheiten des Netzhautrandes können Hemeralopie verursachen.
- Für Nachtblindheit gibt es keine Behandlung; eine Verbesserung der Nachtsicht lässt sich lediglich durch eine Therapie der gegebenenfalls auslösenden Grunderkrankung erreichen. Wissenschaftler arbeiten weiterhin an möglichen Therapieansätzen. Für weitere Informationen konsultieren Sie als Betroffener bitte Ihren Augenarzt.
Quellen
Andreas Berke: Biologie des Auges. Mainz: WVAO, 1999 (2. Auflage).
Bild-Quelle: https://unsplash.com/de/fotos/rijy_VqIxYQ