„Albino-Augen“ – Beeinträchtigtes Sehen bei Menschen mit Albinismus
Menschen mit Albinismus leiden meist unter einem vermindertem Sehvermögen: Mit den sogenannten Albino-Augen gehen oft auch Lichtempfindlichkeit, eine geringere Sehschärfe und Probleme beim räumlichen Sehen einher. Unerlässlich ist eine frühzeitige Diagnose, denn die möglichen Folgen dieser angeborenen Krankheit sind sehr vielfältig. Die richtige Sehhilfe sowie eine augenärztliche Behandlung können die Sehkraft häufig verbessern.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein sogenanntes Albino-Auge?
Albinismus ist ein Oberbegriff für eine Stoffwechselkrankheit, die sehr unterschiedliche Formen annehmen kann. Die Ursache ist eine angeborene Störung der Bildung des für den Farbton von Haut und Haaren zuständigen Pigmentes Melanin. Die Betroffenen haben daher oft eine ungewöhnlich helle Haut. Die Krankheitsbezeichnung leitet sich dementsprechend auch vom lateinischen Wort „albus“ ab, das „weiß“ bedeutet.
Doch nicht jeder Betroffene entspricht dem gemeinhin mit Albinos in Verbindung gebrachten Erscheinungsbild mit weißblonden Haaren, heller Haut und der rötlich schimmernden Regenbogenhaut der typischen Albino-Augen. Vielmehr gibt es höchst verschiedene Ausprägungen von Albinismus. Und nur bei Formen des sogenannten okulokutanen Albinismus wirkt sich die fehlende Pigmentbildung auf das Aussehen von Haut und Haaren aus. Zudem ist nur bei einem kompletten oder fast vollständigen okulokutanem Albinismus gleichzeitig auch das Sehvermögen vermindert. Die Schwere der Augenschäden reicht dabei von geringen Beeinträchtigungen bis hin zu hochgradigen Sehbehinderungen.
Beim okulären Albinismus wiederum sind ausschließlich die Augen betroffen. Ob und wie stark Symptome auftreten, hängt mitunter auch vom Geschlecht ab. So leiden Frauen mit okulärem Albinismus seltener unter Sehfehlern als erkrankte Männer. Wichtig ist, dass ein Arzt frühzeitig eine Diagnose stellt und die genaue Form des Albinismus ermittelt.
Wie wirkt sich Albinismus auf die Augen aus?
Bei Menschen mit Albinismus treten zumeist mehrere Symptome gleichzeitig auf. Wie stark diese jeweils ausgeprägt sind, ist bei jedem Betroffenen anders. Bei einigen ist der Grad der Sehbehinderung sehr hoch und wirkt sich stark auf den Alltag aus. Andere Menschen mit „Albino-Augen“ können mit einer entsprechenden Sehhilfe ihren Sehfehler leicht beheben.
Wer betroffen ist, leidet häufig unter folgenden Beschwerden:
Lichtempfindlichkeit
Da der Körper das Pigment Melanin nicht bildet, fehlt dies auch in der Regenbogenhaut des Auges oder ist nur in sehr geringem Maße vorhanden. Auch wenn die Augen blau oder grau erscheinen, ist die Pigmentierung bei Albinos gestört. Beim Hineinleuchten in die Augen ist dies mitunter durch rote Lichtreflexe auf der Netzhaut erkennbar.
Der Pigmentfehler wirkt sich auf das Sehvermögen aus. Denn durch ihn ist die Regenbogenhaut nahezu transparent und lichtdurchlässig. Das auf das Auge treffende Licht gelangt nicht nur in die Pupille, sondern durchscheint auch die Iris. Dies hat eine starke Lichtempfindlichkeit zur Folge. Betroffene fühlen sich von Lichtquellen permanent geblendet. Zudem ist es Menschen mit Albinismus aufgrund ihrer Pigmentstörung oft nicht möglich, den Kontrast zwischen hellen und dunklen Bereichen der Umgebung deutlich wahrzunehmen.
Beeinträchtigtes räumliches Sehen und Schielen
Auch für die Entwicklung und Funktionsfähigkeit der Sehnerven ist das Pigment Melanin verantwortlich. Die Nerven übertragen die Sehinformationen an die beiden Gehirnhälften und sorgen dafür, dass das Gesichtsfeld korrekt wiedergegeben wird. Bildet das Auge kein Melanin, verlaufen die Sehnerven anders. Für gewöhnlich verarbeitet jene Gehirnhälfte die Sehinformationen, die rechts beziehungsweise links von der Blickrichtung liegen. Das Gehirn setzt die Sinnesimpulse zu einem Bild zusammen und schätzt auf diese Weise die Entfernung von Gegenständen besser ein.
Bei albinotischen Menschen überkreuzen sich die Sehbahnen beider Gehirnhälften stärker, sodass sich die Sehinformationen beider Seiten überlagern. Dies schränkt das räumliche Sehen ein. Zudem neigen Betroffene aus diesem Grund zum Schielen (Strabismus), was die Raumwahrnehmung zusätzlich mindert.
Auswirkung auf die Sehschärfe
Bei von Albinismus betroffenen Augen ist häufig die Sehschärfe reduziert. Aufgrund des fehlenden Melanins bildet sich die Fovea centralis, die Stelle des schärfsten Sehens auf der Netzhaut, nicht vollständig aus. Für gewöhnlich sorgen unzählige Zapfen als Sinneszellen für die Entstehung eines scharfen Bildes. Doch bei albinotischen Menschen bilden die Zapfen kein dichtes Raster, sodass die Sehschärfe verringert ist.
Augenzittern (Nystagmus)
Da aufgrund des Albinismus häufig nicht ausreichend Zapfen in der Netzhaut vorhanden sind, leiten die Nervenzellen weniger Sinnesimpulse an das Gehirn weiter. Dem Gehirn fehlen dann Informationen, um die Impulse zu einem korrekten Bild zu verarbeiten. Dem Betroffenen fällt es infolgedessen schwer, den Blick auf einen Gegenstand optimal auszurichten und zu halten. Die Augen bewegen sich dann unwillkürlich hin und her.
Kurz- und Weitsichtigkeit
Bei Menschen mit Albinismus sind die Augen oft nicht imstande, sich beim Betrachten von Nah- und Fernpunkten entsprechend anzupassen. Sie stellen sich während der Akkommodation nicht scharf ein. Dadurch kommt es häufig zur Kurz- oder Weitsichtigkeit.
Ursachen für Albinismus
Albinismus ist angeboren und resultiert aus einer Genmutation. Je nach Form des Albinimus betrifft dies unterschiedliche Gene. Über ihr Erbgut geben die Eltern Albinismus an ihre Kinder weiter. Um den okulokutanen Typus zu vererben, müssen beide Elternteile Träger des veränderten Gens sein. Die okuläre Form wiederum wird x-chromosomal vererbt, weswegen sie überwiegend bei Männern vorkommt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Neugeborenes an Albinismus leidet, liegt bei nur 1:20.000.
Diagnose und Behandlung von Albinismus
Da die sogenannten „Albino-Augen“ aus einer vererbten Krankheit resultieren, lassen sich die damit verbundenen Augenleiden meist nicht vollständig heilen. Je nachdem, wie stark die Symptome ausgeprägt sind, können augenärztliche Behandlungen und Sehhilfen die Beschwerden jedoch lindern. Für eine entsprechende Therapie ist eine frühzeitige Diagnose Voraussetzung. Neben augenmedizinischen Untersuchungen führt ein Arzt in der Regel auch molekulargenetische Tests sowie eine Familienanamnese durch. Auch nach der Diagnose sind regelmäßige Untersuchungen ratsam. Bis zu einem Alter von 16 Jahren sollten Patienten mindestens einmal pro Jahr einen Augenarzt aufsuchen.
Individuell angepasste Brillen verbessern die Sehschärfe. Als Blendschutz können Sonnenbrillen oder spezielle Filterbrillen dienen. So schützen zum Beispiel Kantenfilter vor UV-Licht und filtern störende Bestandteile des sichtbaren Lichtspektrums heraus. Zusätzliche Tönungen oder polarisierende Filtergläser schützen ebenfalls vor Blendung. Je nach Lichtempfindlichkeit erhalten Betroffene Filterbrillen mit verschiedenen Absorptionsstufen.
Weitere Maßnahmen wie beispielsweise die Veränderung der Schriftgröße am Computerbildschirm erleichtern den Alltag. Bei schweren Sehbehinderungen hilft eine heilpädagogische Förderung, mit der beeinträchtigten Sehkraft zurecht zu kommen. Mitunter können Operationen an den Augenmuskeln Schielen sowie das Zittern der Augen korrigieren.
Auf einen Blick
- Menschen mit Albinismus – umgangssprachlich Albinos genannt – haben häufig Augen, deren Sehkraft durch Lichtempfindlichkeit, Raumwahrnehmungsprobleme, mangelnde Sehschärfe, Schielen, Augenzittern, Kurz- und Weitsichtigkeit vermindert ist.
- Albinismus beruht auf einer angeborenen und irreversiblen Stoffwechselkrankheit und tritt in verschiedenen Ausprägungen und Formen auf.
- Eine augenärztliche Behandlung kann in einigen Fällen die Sehkraft verbessern.