Silikonhydrogel-Kontaktlinsen: Innovatives Material für langen Tragekomfort
Silikonhydrogel-Linsen sind komfortabel und erlauben lange Tragezeiten. Lesen Sie hier, woraus das Material besteht und welche Vor- und Nachteile es mit sich bringt.
Inhaltsverzeichnis
Silikon für hohe Sauerstoffdurchlässigkeit
Anfang der 1960er-Jahre fertigte der tschechische Chemiker Otto Wichterle erstmals weiche Kontaktlinsen aus dem Hydrogel HEMA. Die Kontaktlinsen aus dem weichen, angenehm zu tragenden Material galten fast 40 Jahre lang als beste Wahl. Sie haben allerdings auch ihre Schwächen. Viele Hydrogele haben nur eine geringe Sauerstoffdurchlässigkeit. Da die Hornhaut den benötigten Sauerstoff nur aus der Tränenflüssigkeit erhält, wirken Kontaktlinsen wie eine Barriere. Ist die Linse nicht sauerstoffdurchlässig genug, kann die Hornhaut aufgrund des Sauerstoffmangels anschwellen oder ernsthaft erkranken.
Vor allem bei längeren Tragezeiten und beim Tragen der Linsen über Nacht war die geringe Sauerstoffdurchlässigkeit ein Problem. Ende der 1990er-Jahre brachten Ciba Vision (heute Alcon) und Bausch + Lomb die ersten Linsen aus einem neuen Material auf den Markt, das vor allem mit hoher Sauerstoffdurchlässigkeit punktete: Die Silikonhydrogel-Kontaktlinse war geboren.
Silikonhydrogel-Linsen bestehen aus einem Gemisch aus Silikon, Hydrogel und Wasser. Sie kombinieren die Vorteile beider Materialien: die Sauerstoffdurchlässigkeit des Silikons und den Tragekomfort und die gute Befeuchtung des Hydrogels. Hierfür die richtige Mischung zu finden, war gar nicht so einfach. Während Hydrogel hydrophil ist, also Wasser anzieht, ist Silikon wasserabweisend (hydrophob). Viele Kontaktlinsen haben eine spezielle Beschichtung oder enthalten einen Befeuchtungswirkstoff, um diesen Nachteil des Silikons auszugleichen.
Vor- und Nachteile von Silikonhydrogel
Der größte Vorteil der Silikonhydrogel-Kontaktlinsen ist die hohe Sauerstoffdurchlässigkeit des Silikons. Die Kontaktlinsen haben einen DK-Wert zwischen 70 und 175. Im Vergleich dazu liegt der DK-Wert von Hydrogel-Kontaktlinsen zwischen 10 und 50. Das Mehr an Sauerstoff sorgt für besseren Tragekomfort. Kontaktlinsen aus Silikonhydrogel bereiten normalerweise auch bei längeren Tragezeiten keine Probleme. Sie trocknen das Auge weniger aus und Beschwerden durch Sauerstoffmangel, zum Beispiel Hornhautödeme, sind seltener. Einige Linsen sind so durchlässig, dass man sie sogar über Nacht oder 30 Tage am Stück tragen darf. Dazu gehören die Air Optix Night & Day von Alcon, die PureVision 2 HD von Bausch + Lomb und die Biofinity von CooperVision.
Bei Hydrogel-Kontaktlinsen wird der Sauerstoff über das in der Linse befindliche Wasser zur Hornhaut transportiert. Daher gilt: Je höher der Wassergehalt der Linse ist, desto mehr Sauerstoff kann durch die Linse diffundieren und desto höher ist der DK-Wert, also die Sauerstoffdurchlässigkeit. Ein hoher Wasseranteil hat aber auch Nachteile. Je mehr Wasser die Kontaktlinse enthält, desto instabiler wird sie und reißt dann zum Beispiel leichter. Zudem verdunstet die enthaltene Flüssigkeit schneller, wodurch das Auge austrocknen kann.
Bei Silikonhydrogel-Kontaktlinsen transportiert das enthaltene Silikon den Sauerstoff; die Höhe des Wassergehalts spielt für den Sauerstofftransport nur eine geringe Rolle. Die Linsen enthalten daher normalerweise nicht viel Wasser. Daher eignen sie sich besonders für Menschen mit trockenen Augen. Je weniger Wasser eine Linse enthält, desto steifer ist sie allerdings. Die Linsen sind etwas fester. Man sagt auch, dass sie einen höheren Modulus haben. Je steifer eine Linse ist, umso eher spürt man sie im Auge. Meistens gewöhnt man sich an diese Gefühl, aber gerade für Umsteiger von Hydrogel-Linsen können sich die Silikonhydrogel-Linsen am Anfang unangenehm anfühlen.
Linsen aus Hydrogel sind aufgrund ihres hohen Wassergehalts anfällig für Proteinablagerungen. Proteine setzen sich dann auf der Kontaktlinsenoberfläche ab und können das Auge reizen und die Sehqualität verschlechtern. Träger von Silikonhydrogel-Kontaktlinsen haben damit meist weniger Probleme. Dafür lagern sich auf den Linsen schneller Lipide aus der Tränenflüssigkeit ab. Dies kann die Benetzbarkeit der Linse verschlechtern. Wichtig ist daher eine sorgfältige Kontaktlinsenpflege. Wer seine Linsen nach dem Tragen auch manuell reinigt, zum Beispiel mit einem alkoholhaltigen Oberflächenreiniger, beugt Verunreinigungen vor.
Linsen aus Silikonhydrogel
Heute gibt es auf dem Markt zahlreiche Silikonhydrogel-Kontaktlinsen. Nach den ersten Linsen von Bausch + Lomb und Ciba Vision brachten auch andere Hersteller Monatslinsen aus dem neuartigen Material heraus. Die ersten Silikonhydrogel-Tageslinsen waren die 1-Day Acuvue TruEye von Johnson & Johnson. Mittlerweile gibt es fast für jede Fehlsichtigkeit eine entsprechende Kontaktlinse. Neben Kurzsichtigkeit und Weitsichtigkeit lassen sich auch Hornhautverkrümmungen und Alterssichtigkeit mit den innovativen Linsen korrigieren.
Bekannte Silikonhydrogel-Kontaktlinsen sind zum Beispiel:
- 1-Day Acuvue TruEye von Johnson & Johnson (Material: Narafilcon A)
- Acuvue Oasys von Johnson & Johnson (Senofilcon A)
- Air Optix Aqua von Alcon (Lotrafilcon B)
- Air Optix Night & Day von Alcon (Lotrafilcon A)
- Biofinity von CooperVision (Comfilcon A)
- Dailies Total1 von Alcon (Delefilcon)
- PureVision 2 HD von Bausch + Lomb (Balafilcon A)
Alles über Kontaktlinsen aus Silikonhydrogel in Kürze
- Silikonhydrogel-Kontaktlinsen sind sehr sauerstoffdurchlässig.
- Sie können den ganzen Tag bis spät in den Abend getragen werden.
- Sie sind auch für trockene Augen geeignet.
Quellen
Brian Chou: The Evolution of Silicone Hydrogel Lenses (erschienen in: Contact Lens Spectrum, Ausgabe Juni 2008)
Kathryn Dumbleton: The Physical and Clinical Characteristics of Silicone Hydrogel Lenses: How They Work? (erschienen auf: www.siliconehydrogels.org im Oktober 2002)
Dr. Karen French & Prof. Lyndon Jones: A decade with silicone hydrogels: Part 1 (PDF)
Gary Heiting: Silicone Hydrogel Contact Lenses (erschienen auf: www.allaboutvision.com)
Johnson & Johnson Vision Care: Materialeigenschaften und -funktionen
Jane Veys, John Meyler und Ian Davies: Grundlagen der Kontaktlinsen-Praxis. Teil 4 – Beurteilung des Tränenfilms (erschienen in: DOZ – Optometrie & Fashion, Ausgabe 09/2008)
Bild-Quelle: https://unsplash.com/de/fotos/COUeHPYwzYc